Forderungen Bundestagswahl 2025

Forderungen zur Bundestagswahl 2025

Positionspapier des Verbandes Deutscher Privatschulverbände e.V. - E-Paper Version

Das Bildungswesen in Deutschland steht vor enormen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen: einem gravierenden Fachkräftemangel in vielen Bereichen, dem Einzug Künstlicher Intelligenz in Bildung und Arbeitswelt sowie der Integration Geflüchteter in Gesellschaft, Bildung und Arbeitsmarkt. Daher muss sich das Bildungssystem weiterentwickeln und in wesentlichen Bereichen grundlegend erneuern.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, müssen Politik, Wirtschaft, Pädagogik und Zivilgesellschaft ihre Kräfte bündeln und gemeinsam zukunftsorientierte sowie nachhaltige Lösungen erarbeiten. Privatschulen haben sich bereits in der Vergangenheit aktiv in diesen Prozess eingebracht und entscheidende Impulse für das Bildungssystem gesetzt. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag zu einem vielfältigen und innovativen Bildungsangebot in Deutschland – von der Allgemeinbildung über die berufliche Bildung bis hin zur Weiterbildung und Qualifizierung – und stellen sich gesellschaftlichen Herausforderungen aktiv.

Durch gezielte politische Maßnahmen und eine nachhaltige Zusammenarbeit mit allen Akteuren können Privatschulen in den kommenden Jahren weiterhin ein wichtiger Partner sein, um Bildung und Qualifizierung in Deutschland zukunftsfähig zu gestalten. Damit sie dieser Aufgabe in vollem Umfang gerecht werden können, ist eine stärkere institutionalisierte Einbindung – beispielsweise als Teil der Kultusministerkonferenz – dringend erforderlich.

In den nächsten vier Jahren sollte die Bundesregierung der Bildungspolitik den Stellenwert einräumen, den alle Schülerinnen und Schüler, ihre Eltern, Auszubildenden sowie Teilnehmenden der beruflichen Weiterbildung, Qualifizierung und Integrations- bzw. Sprachkurse verdienen.

Mit Zukunft Bildung macht der Verband Deutscher Privatschulverbände als Sprachrohr seiner Mitgliedsverbände konkrete Vorschläge und ein Angebot zur Mitgestaltung der Bildungspolitik der Zukunft.


 #1 Bildung zur Priorität machen: Bildungsinvestitionen ausbauen, Bundesbildungsprogramme zukunftsorientiert gestalten, Freie Träger gleichberechtigt beteiligen

Die öffentlichen Bildungsausgaben sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Dennoch nimmt Deutschland im internationalen Vergleich weiterhin keinen Spitzenplatz ein – insbesondere in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). Um Innovationen zu fördern und den vielfältigen Herausforderungen mit klaren Perspektiven zu begegnen, müssen die Bildungsinvestitionen weiter ausgebaut und die Finanzierung der Bundesbildungsprogramme verlässlich gesichert werden. Dies sollte eine neue Bundesregierung verbindlich beschließen.

Die Vielfalt der Bildungsangebote muss ausdrücklich berücksichtigt und ihre gleichberechtigte Förderung im Koalitionsvertrag sowie in der Gestaltung der Bundesbildungsprogramme festgeschrieben werden. Gemäß Artikel 104c Grundgesetz müssen Privatschulen bei allen Investitions- und Zukunftsprogrammen gleichberechtigt mit staatlichen Schulen finanziert und beteiligt werden. Die Möglichkeit zur unmittelbaren Mittelbeantragung ist im Rahmen der Privatschulfreiheit eine Grundvoraussetzung.


#2 Fachkräftemangel im Bildungsbereich bekämpfen – Bildungsqualität sichern

Der Fachkräftemangel gefährdet den Bildungsstandort Deutschland und die Qualität des Bildungsangebots. Er betrifft mittlerweile fast alle Bildungsbereiche – von der frühkindlichen Bildung über allgemeinbildende Schulen bis hin zur Berufsbildung. Ohne ausreichend Lehrkräfte und Erzieher sind grundlegende Bildungsstandards ebenso wenig gesichert wie der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz oder eine Ganztagsbetreuung im Grundschulalter ab 2026.

Die neue Bundesregierung muss gemeinsam mit den Ländern eine umfassende Fachkräfteoffensive für Kitas und Schulen starten. Dazu gehören:

  • Der Ausbau von Ausbildungskapazitäten
  • Eine entlohnte Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher
  • Der Einsatz multiprofessioneller Teams
  • Eine bessere Anerkennung vergleichbarer Abschlüsse für Quereinsteiger
  • Die bundesweite Einbindung privater Bildungsträger zur bedarfsgerechten Erhöhung der Ausbildungskapazitäten

Nur mit einer solchen Strategie kann langfristig eine qualitativ hochwertige Bildung gewährleistet werden.


#3 Patientenversorgung sichern: Gesundheitsfachberufe zügig reformieren

Die längst überfällige Reform der Gesundheitsfachberufe, insbesondere der Therapieberufe, wurde in der vergangenen Legislaturperiode nicht umgesetzt. Der akute Fachkräftemangel verschärft sich weiter, wodurch die wohnortnahe Versorgung mit Therapieangeboten vielerorts nicht mehr sichergestellt werden kann. Wartezeiten auf dringend benötigte Therapieplätze sind unzumutbar lang, und offene Stellen bleiben oft über sechs Monate unbesetzt.

Die neue Regierungskoalition muss sich daher rasch auf eine umfassende Reform verständigen, die eine bedarfsgerechte Finanzierung von Berufsfachschulen und Ausbildungspraxen sicherstellt. Dies ist essenziell, um ausreichend Ausbildungsplätze anzubieten und die hohe Qualität der Ausbildung in einem sich wandelnden Berufsfeld zu sichern.

Ein bundeseinheitlich geregeltes Finanzierungssystem, das den Verzicht auf Schulgeld und eine Ausbildungsvergütung ermöglicht, ist überfällig. Dabei muss die Eigenständigkeit und Verantwortung der Bildungsträger gewahrt bleiben. Nach dem Vorbild der Pflegeausbildung könnte ein Ausbildungsbudget für Schulen und Praxen auch für Therapieberufe eine Lösung sein.


#4 Integration erfolgreich meistern: Angebot von Integrations- und Berufssprachkursen durch verlässliche Finanzierung und ausreichende Ressourcen sichern

Die erfolgreiche Integration Zugewanderter ist entscheidend für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Fachkräftesicherung. Deutschland, das zweitgrößte Einwanderungsland der OECD, hat eine Erwerbstätigenquote von 70 % bei Zugewanderten erreicht – maßgeblich durch gut organisierte Integrations- und Berufssprachkurse. Sprachkenntnisse auf mindestens B1-Niveau sind hierfür unerlässlich.

Der VDP fordert die Bundesregierung auf, das „Gesamtprogramm Sprache“ langfristig, verlässlich und kostendeckend zu finanzieren. Finanzierungsunsicherheiten gefährden das Kursangebot und erschweren die Integration erheblich. Eine auskömmliche Finanzierung des Gesamtsystems muss auch die Digitalisierung der Abrechnungssysteme vorantreiben, um bürokratische Hürden abzubauen.


#5 Weiterbildung und Qualifizierung stärken: Verlässliche Finanzierung zielgerichteter arbeitsmarktpolitischer Bildungsmaßnahmen

Die Arbeitswelt verändert sich rasant und damit auch die notwendigen Qualifikationen für eine erfolgreiche Erwerbsbiografie. Um dem zu begegnen, sind gezielte und nachhaltige Investitionen in arbeitsmarktpolitische Bildungsmaßnahmen unverzichtbar. Kürzungen im Eingliederungstitel und bei den Jobcentern gefährden die Integration und notwendige Qualifizierung von arbeitslosen sowie von Arbeitslosigkeit bedrohten Menschen und verschärfen den Fachkräftemangel. Stattdessen müssen Mittel gezielt, verlässlich und bedarfsgerecht in Qualifizierungsprogramme fließen, um Potenziale besser zu nutzen und die Beschäftigungsfähigkeit nachhaltig zu stärken.

Ein Bundeshaushalt, der ausreichend Mittel für Bildungsmaßnahmen bereitstellt, ist die Grundlage für eine erfolgreiche Arbeitsmarktpolitik. Langfristige und verlässliche Finanzierungsstrukturen sichern bewährte Programme und stärken die Integration von Arbeitslosen sowie von Arbeitslosigkeit bedrohten Menschen. Die Beschäftigtenqualifizierung wird weiter an Bedeutung gewinnen und bedarf besonderer Unterstützung bei Kooperation und Kollaboration der Bildungsträger, u.a. in Regionen mit massivem Strukturwandel. 

Die Bundesagentur für Arbeit und Jobcenter benötigen eine bedarfsgerechte Finanzierung, um Maßnahmen zur Eingliederung effektiv zu unterstützen. Zugleich öffnet dies die Möglichkeit, innovative und nah am Bedarf orientierte Angebote zu entwickeln und anzubieten. Der VDP fordert für die öffentlich geförderte Weiterbildung und Qualifizierung eine auskömmliche Finanzierung, die nicht nur den aktuellen Bedarf deckt, sondern auch Innovationen und Weiterentwicklungen ermöglicht. Dies sind wichtige Maßnahmen, die die Bundesregierung verlässlich vereinbaren kann.


#6 Bürokratie abbauen – Bildungseinrichtungen entlasten

Verwaltungsaufgaben und zunehmende Bürokratie belasten Bildungsträger, Geschäftsführungen, Schulleitungen und Lehrkräfte und nehmen wertvolle Zeit für die pädagogische Arbeit in Anspruch. Gerade im Bereich der Bildungsmaßnahmen im SGB II/III sowie im „Gesamtprogramm Sprache“ müssen bürokratische Hürden deutlich reduziert werden, um Lehrkräfte zu entlasten und Bildungseinrichtungen mehr Innovationsspielraum zu geben.

Der VDP fordert die Bundesregierung auf, Berichts-, Dokumentations- und Nachweispflichten zu reduzieren, das Vergaberecht erheblich zu vereinfachen und übermäßige Vorgaben abzubauen. Digitalisierung kann dazu beitragen, Prozesse zu verschlanken – sie erfordert jedoch gezielte Investitionen. Ohne eine angemessene finanzielle Ausstattung bleiben digitale Lösungen ineffektiv.


Verband Deutscher Privatschulverbände e.V.
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Ellen Jacob, VDP-Bundesgeschäftsführerin

Januar 2025

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